6. Februar 2012

Daniel Glattauer - Ewig Dein

2012, Gebunden mit Schutzumschlag, 206 Seiten
€ (D) 17,90 | € (A) 18,40
ISBN 978-3552061811

Im Supermarkt lernt Judith, Mitte dreißig und Single, Hannes kennen. Kurz darauf taucht er in dem edlen kleinen Lampengeschäft auf, das Judith, unterstützt von ihrem Lehrmädchen Bianca, führt. Hannes, Architekt, ledig und in den besten Jahren, ist nicht nur der Traum aller Schwiegermütter - auch Judiths Freunde sind restlos begeistert. Am Anfang empfindet Judith die Liebe, die er ihr entgegenbringt, als Genuss. Doch schon bald fühlt sie sich durch seine intensive Zuwendung erdrückt und eingesperrt. All ihre Versuche, ihn wieder aus ihrem Leben zu kriegen, scheitern - er verfolgt sie sogar bis in ihre Träume ...


Was ich denke ...
Der Titel könnte in die Irre führen, zumal die Worte "Ewig Dein" auf sehr unterschiedliche Weise verstanden werden können. In Glattauers neuem Roman verzichtet der Autor von Bestsellern wie "Gut gegen Nordwind" und "Darum" aber auf den herkömmlichen Liebesschwur, der sich in den Worten verstecken könnte. Stattdessen schlägt er die Gegenrichtung ein: Im Fall von Glattauers Protagonistin Judith sollte Ewig Dein wohl eher als Drohung und Einschüchterung verstanden werden.

Der Roman beginnt geradezu harmlos und alltäglich mit einer Szene, wie man sie vielleicht jeden Tag irgendwo beobachten könnte. Ein zufälliges Kennenlernen im Supermarkt, nur wenige gewechselte Worte. Eine Bekanntschaft, die sich im Nichts verlaufen könnte. Doch in Judiths Fall spielt das Leben anders und spült ihr Hannes immer wieder vor die Füße.
Wer hier eine Liebesgeschichte voller Kitsch und Schmuck erwartet könnte nicht falscher liegen. Viel zu schnell für die selbstständige Judith findet sie sich plötzlich in einer Beziehung wieder, die sie am Anfang als perfekt, nach wenigen Wochen aber nur noch als erdrückend empfindet.

Das Spannende an "Ewig Dein" war für mich Glattauers Spiel mit den Charakteren und ihrem Denken. In beinahe gleichem Maßen lenkt der Autor den Eindruck der Leser. Das fängt schon damit an, dass Glattauer nie direkt charakterisiert, sondern Verhaltensweisen aufzeigt und den Leser seine eigenen Schlüsse ziehen lässt.
Dabei geht es vor allem um die Einschätzung von Hannes, der vom verständnisvollen Charmeur innerhalb weniger Seiten seine kontrollsüchtigen Seiten zeigt. Und dann wieder diese Momente, in denen man sich gar nicht sicher ist, ob man den armen Kerl nicht doch in die falsche Schachtel einsortiert hat.
Für mich gab es während der Lektüre von "Ewig Dein" nie einen Moment, in dem ich mir sicher war, was als nächstes passieren würde. Glattauer erzeugt eine ganz eigene Art von Spannung, die manchmal sogar in Richtung "soft Thriller" schlägt, vielleicht sogar mit Vorsilbe "Psycho". Es ist wirklich erschreckend, wie real sich Judiths Veränderung von der selbstständigen Frau über die verschreckte bis hin zur völlig neben-den-Schuhen-stehenden vollzieht.

Darüber hinaus weiß der Autor auch sprachlich zu überzeugen, wobei der Stil hier nicht gar so ausgeschmückt und philosophierend ist wie etwa in den beiden bekannten E-Mail-Romanen. Das hätte auch gar nicht zu Judiths etwas anderen und so gar nicht glücklichen Liebesgeschichte gepasst. Vielmehr ist der Satzbau nüchterner, aber trotzdem sehr angenehm zu lesen. Die 200 Seiten verfliegen geradezu und am Ende sitzt man da und blinzelt erst mal - meiner Meinung nach liegt das daran, dass der Ausgang von Judiths Geschichte recht rasch (etwas zu rasch) passiert. Da hätte ich mir noch 10 bis 15 Seiten mehr gewünscht, um das alles besser verdauen zu können.


Bewertung
Daniel Glattauer legt mit "Ewig Dein" einen Liebesroman der anderen Art vor. Er zeigt die Schattenseiten einer Beziehung, wie sie bestimmt nicht selten passiert. Der Leser weiß wie Judith nie wo er steht - ein spannendes, absolut lesenswertes Buch. Trotzdem eine Warnung an alle, die sich eine Wiederholung von Emmi und Leo erwarten: Das ist "Ewig Dein" ganz gewiss nicht.


6 Kommentare:

Philia Libri hat gesagt…

Ja, mir hat's auch gefallen :D

Christine hat gesagt…

Oh, das klingt gut. Dann freu ich mich einfach mal sehr auf das Buch. Irgendwie dachte ich, es wäre nicht so gut, aber du scheinst ja doch begeistert zu sein.

Ich habe gerade einer Kollegin "Gut gegen Nordwind" und "Alle sieben Wellen" geliehen und sie hat die Bücher jeweils an einem Tag verschlungen. :)

Nadine hat gesagt…

Höre jetzt zum ersten Mal von diesem Buch. Deine Rezi klingt aber vielversprechend :-)

Grüße

Nadine

Lilly hat gesagt…

Kenne das Buch auch nicht, aber deine Rezi gefällt mir. :) Muss es mir wohl mal merken. Danke für den Tipp

LG
Lilly

StefanieEmmy hat gesagt…

Tine, versuch es mit dem Buch. Meine Schwester war erst sehr skeptisch, aber selbst sie hat am Ende mit Begeisterung von dem Buch gesprochen. :)

PiMi hat gesagt…

Ich war auch nach der Leseprobe ziemlich skeptisch, eben weil ich auf einen Roman alla "Gut gegen Nordwind" erwartet hatte, aber ich denke ich werde Glattauer noch eine Chance geben. Scheint ja doch lesenswert zu sein.
LG
Miri